Melange. Zur Konzeption von Leiblichkeit und Alterität in der französischen Bildhauerei des 12. Jahrhunderts am Beispiel einer Konsolenfigur von Montceaux-l’Etoile

Autor/innen

  • Silke Büttner

DOI:

https://doi.org/10.57871/fkw4420071090

Abstract

Melange. On the conception of Corporeality and Alterity in French sculpture of the 12th Century through the Example of a Console Figure at Montceaux-l'Etoile

The winged creature at the portal of a church in southern Burgundy is often interpreted as a bird-siren and as the embodiment of earthly temptations attributed to the realm of evil. Based on a close description of the features of this figure, this paper shows other possible levels of meaning. By interweaving contrasting statements and transgressing supposedly “natural” categories, the creature evades any clear identification: it is at once human and animal, dressed in a garment that is covers skin and simultaneously reveals a scale-covered body; it is sexually indeterminate, hovering between inside and outside, between life and death. The creature depicts the boundaries and the limitations of man-made categorical order. It highlights the latter’s arbitrariness and inadequacy, and recalls of the hypothesis of the historian David A. Williams concerning the location of the “monstrous” in the Middle Ages: at the edges of the order and very close to its “divine” center.

 

Melange. Zur Konzeption von Leiblichkeit und Alterität in der französischen Bildhauerei des 12. Jahrhunderts am Beispiel einer Konsolenfigur von Montceaux-l'Etoile

Die geflügelte Kreatur am Portal einer Pfarrkirche im Süden der Bourgogne wird in der Forschung häufig als Vogel-Sirene gedeutet und als Verkörperung irdischer Verlockungen dem Feld des Bösen zugerechnet. Auf der Grundlage einer dichten Beschreibung ihrer gestalterischen Merkmale zeigt dieser Aufsatz allerdings weitere mögliche Bedeutungsebenen der Figur auf. In der Verwebung gegensätzlicher Aussagen und der Überschreitung scheinbar ‚natürlicher‘ Kategorien entzieht sich die Kreatur einer eindeutigen Bestimmung: menschlich und tierisch zugleich, gekleidet in einer Hülle, die zugleich Hautoberfläche ist und den Blick auf einen schuppenbedeckten Leib gewährt, geschlechtlich unbestimmbar, zwischen Innen und Außen, Leben und Tod schwebend. Die Kreatur verbildlicht die Grenzen bzw. die Begrenztheit der von Menschen gemachten kategorialen Ordnung. Sie zeigt ihre Willkür und Unzulänglichkeit und erinnert damit an die These des Historiker David A. Williams zur Verortung des ‚Monströse‘ im Mittelalter: zugleich an den Rändern der Ordnung und ihrem ‚göttlichen‘ Zentrum sehr nahe.

Downloads

Veröffentlicht

2007-12-01